Bildungsdiskussionen nach der Methode des texanischen Scharfschützen

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Fliegen ist gefährlich. Nein! In der Luft unterwegs zu sein in einem modernen Verkehrsflugzeug, das ist eine relative sichere Art zu reisen.

Fliegen ist gefährlich. Ja! Die Arme auszubreiten und vom Berg runterzufliegen, das kommt auf keinen Fall gut.

Mit anderen Worten: Fliegen ist nicht einfach Fliegen. Es kommt darauf an. Nicht das Was ist entscheidend, sondern das Wie. Es ist das Wie, das den Unterschied macht. Beim Fliegen. Beim Fussball. Beim Musizieren. Und: In der Schule. Ja, auch in der Schule.

Doch die Sprache in der Schule ist eine Was-Sprache. Und die Sprache über die Schule auch. Man nimmt einen Begriff aus der Was-Kiste – Individualisierung zum Beispiel oder Frontalunterricht oder Kompetenzraster oder ein anderes Reizwort – und flugs werden die Meinungshaubitzen in Stellung gebracht. «Das bringt nichts!» – «Doch, so lernen die Kinder viel besser!»

Reduziert auf Schlagworte entbrennen dann politische und mediale Diskussionen von einer kaum zu überbietenden argumentativen Schlichtheit. Oberflächlich und undifferenziert. Pädagogische Kulissenschieberei halt. Das beginnt schon beim Begriff «Lernen». Alle verwenden ihn. Aber kaum jemand nimmt sich je die Mühe zu definieren, was damit gemeint ist. Logisch. Denn von jetzt an ginge es intellektuell ans Eingemachte. Das erspart man sich doch lieber. Auf der Was-Ebene, unbelastet von vertiefter Auseinandersetzung, lässt sich ohnehin leichter reden.

Da orientiert man sich viel lieber an der Methode des texanischen Scharfschützen: Dieser Schütze schiesst ohne zu zielen auf ein Scheunentor, zeichnet anschliessend eine Zielscheibe um das Einschussloch und freut sich über den perfekten Treffer.

Schuldiskussionen auf der Was-Ebene bleiben im Vorzimmer des Denkens stecken. Denn ob man mehr oder weniger Mathematik «hat», ob man dem, was man tut «Individualisierung» sagt oder ob man Kompetenzraster einsetzt, das ist erst einmal völlig unerheblich. Auf das Wie kommt es nur an! Ob ein Lehrer seine Schüler begeistert oder ob er sie frontal frustiert in die Pause schickt, das hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Begriff zu tun, den man dafür verwendet.

 

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